Fremdsprachen
Sprachen
Hans Pümpin-Speiser (Grossvater)
Das
"Fremde" --- und ich.
(veröffentlicht Facebook August 2018)
1. Die lateinischen
Sprachen: Italienisch Französisch.
Sommer 1944, Unfall.
Der Grossvater fällt vom Heuwagen. Er erholt sich nicht mehr und stirbt am
heiligen Abend des selben Jahres mit 80 Jahren. Ein grosser Verlust für die
Familie und den landwirtschaftlichen Betrieb, denn seine mithelfenden Hände
waren, trotz seines hohen Alters, eine grosse Stütze auf dem Bauernhof. Ersatz
muss her. Der zweite Weltkrieg geht zu Ende, Italiens Jugend sucht sich Arbeit
im nahen Ausland. Fremdarbeiter, Saisoniers, Gastarbeiter werden sie genannt.
So sass bei uns am Familientisch beim Morgen- Mittag- und Abendessen bald ein
Unbekannter, "Fremder". Wir hatten uns schnell aneinander gewöhnt und
er ersetzte den Grossvater bestens. Ich kam zum ersten Mal im Leben, als
kleiner Knabe mit einer anderen Sprache, anderen Kultur in Berührung. Später in
der Schule musste ich dann Französisch lernen und Italienisch wurde zu meinem
Freifach.
2. Das
Angelsächsische: Englisch
Mit 28 Jahren packte
mich die Abenteuerlust. Ich ging als Volonteer, Freiwilliger nach Israel in
einen Kibbutz um zu arbeiten. Ich musste mein Zimmer mit zwei Schweden teilen:
Alf und Carl. So kam ich wieder mit "Fremden" in Berührung. Sie sprachen
weder Deutsch, noch ich Schwedisch, doch wir verstanden uns schnell bestens,
mit Händen, Füssen und Englisch-Wörterbuch. Doch das grösste Freiwilligencorps
kam aus Nordamerika. Uncle Sam rekrutierte seine jungen Bürger, um sie in einem
mörderischen Krieg in Vietnam zu verheizen. Diesem Schicksal konnte man nur
entfliehen, wenn man sich vor dem Aufgebot in die Army ins Ausland absetzte. So
hörte man, wo man auch hinhörte nur das breite Amy-Englisch.
3. Wieder
Italienisch
Mit 29 Jahren
absolvierte ich eine Maurerlehre. Auf den Baustellen waren die
"Fremden" allgegenwärtig, denn die harte, schmutzige Maurerarbeit war
(ist) den meisten Einheimischen zu dreckig und zu hart. Hier waren es vor allem
wieder die Italiener die das grösste Kontingent stellten.
4. Slawisch:
Serbokroatisch
Später als
Vorgesetzter hatte ich dann vermehrt mit Mitarbeitern zu tun, welche eine total
andere Sprache sprachen, eine, mit dem russischen verwandte, slawische Sprache.
Marshal Tito hatte seine Grenzen geöffnet. Sie kamen aus dem damaligen
Jugoslawien, einem Vielvölkerstaat. Auch mit diesen arbeitsamen Untergebenen
hatte ich keine Schwierigkeiten. Ich bemerkte gar nicht, dass neben Katholiken.
Christorthodoxen auch eine ganz andere Religion anwesend war, die Moslems. Wie
alle anderen auch, fluchten sie, assen Schweinefleisch und tranken Bier,
trotzdem dies laut Koran streng verboten ist. Natürlich erlernte ich von diesen
"Fremden" auch einige berufsspezifische Wörter und Ausdrücke und vor
allem eben das Fluchen, was man in jeder Sprache beim Umgang mit den
"Fremden" zuerst lernt.
5. Nochmals
Slawisch: Serbisch
Doch bald lernte
ich, mit Hilfe eines Wörterbuches auch einige Sätze zu sprechen: "Ja te
volim, ja te lijubim", "ich mag dich, ich liebe dich".
Zweieinhalb Jahre später erwiderten wir beide auf die Schicksalsfrage mit einem
"JA" und ich habe es bis heute, 41 Jahre später nicht bereut, würde
es sofort wieder tun!
Auch unsere Tochter
wohnt nun in der "Fremde", in Köln, denn ihr damaliger Freund stammte aus
Bonn und die Grosstochter spricht deshalb hochdeutsch.
Ich kam in meinen 77 Lebensjahren viel mit dem "Fremden" in Berührung. Ich hatte nie
Schwierigkeiten mit dem "Fremden". Ich, als Parteiloser, hasse
deshalb das Braune, Rechtsextreme. Leider muss man von seinen
"Facebookfreunden" immer wieder Posts in dieser Richtung lesen,
trotzdem die meisten nie mit dem "Fremden" in Kontakt kamen. Lauter
Vorurteile und das Weiterverbreiten von Hassposts und Klischees. Ich werde
deshalb, um mich nicht mehr länger ärgern zu müssen, einige meiner
"Facebookfreunde" löschen.
Kommentare
Kommentar posten