Weihnachtsstress
Weihnachtsferien
Eile - mit sehr viel Weile.
Dem Vater, respektive Schwiegervater geht es sehr
schlecht. Wenn ihr ihn nochmals sehen wollt, dann müsst ihr sofort auf Besuch
kommen. Kein Problem, ich habe noch bis 5. Januar 1981 Ferien. So starteten wir
am 24. Dezember 1980 früh mit Ziel Jugoslawien. 1`250 Km., davon dazumal dreiviertel Landstrassen.
Kurz vor Zürich kam mein Auto ins Schleudern. Ich konnte
ihn auffangen und fuhr auf den Pannenstreifen. Vorne rechts platt, ein Nagel
steckte drinnen. Das Reserverad hat wenig Luft, ich muss an die nächste
Tankstelle. Doch nicht nur dies, auch der Ölstandmesser des Motors leuchtet auf
und ich muss Öl kaufen und nachfüllen. So geht es, wenn man völlig unvorbereitet eine Reise beginnt! Das fängt ja gut an!
Nächste Panne: Am Brenner wird es kalt. Heizung
einschalten, - funktioniert nicht, es wird nicht warm. Wir frieren, was nicht
gut ist, denn meine Frau ist im vierten Monat schwanger. Auch wird es plötzlich
stark neblig, das Fahren wird anstrengend. Wir beschliessen einen Kaffeehalt
einzulegen, uns aufzuwärmen und zu übernachten. Ein schwieriges Unterfangen,
denn es ist Heiligabend alle Leute sind im katholischen Südtirol auf den Weg
zur Messe. Wo wir auch anklopfen, niemand will uns Herberge geben. So schlichen
wir zwei Stunden weiter, durch dichten Nebel, bis wir im Österreichischen Lienz
endlich eine Bleibe fanden.
Am nächsten Morgen ging es dann weiter, doch zuerst
flickte ich noch die Heizung. Fünf Minuten Arbeit, ich musste nur die
ausgehängte Zugstange wieder einhängen; fertig. Dann ging es zügig voran
Richtung Slowenien, Kroatien und Serbien. Mit der Dunkelheit kam jedoch auch
der verdammte Nebel wieder. Kurz vor dem Ziel mussten wir deshalb aufgeben,
weiterfahren war zu gefährlich. Wir schliefen im Auto in den Liegesitzen, denn
nun war es ja, dank der funktionierenden Heizung wieder warm.
Endlich, nach mehr als fünfzig Stunden, waren wir am
Ziel, Banatsko Arandelovo. Im Sommer schaffte ich diese Strecke jeweils in nur
fünfzehn bis sechzehn Stunden mit kurzen Essenspausen.
Mein Schwiegervater war nie ein dicker Mann, aber nun war
er sehr mager. Seine Augen, in Höhlen, seine Wangen eingefallen, seine Haut,
grau, fahl, blutleer. Mit einem Wort: Erbarmungswürdig, vom nahenden Tod
gezeichnet.
Eine weitere Panne: Eines Morgens lag der Scheibenwischer
auf der Fahrerseite auf dem Boden. Jemand hatte ihn abgerissen. Der
Automechaniker kratzte sich in den Haaren. Ersatzteile für westliche Autos
(Ford Capri) gab es keine. Improvisation war gefragt. Er verkürzte die Hülse
des Antriebs-Stängelchens und feilte eine Kerbe in die Stange für die
Feststellschraube. Nun konnte der Scheibenwischer wieder angebracht werden.
Dann inspizierte er das Auto und machte mich darauf
aufmerksam, das die Reflektoren der Scheinwerfer rostig seien! Nun war mir
klar, warum ich bei Nebel so schlechte Sicht hatte! Er reinigte die Reflektoren
mit Schleifpapier und strich die rauen Stellen mit Silberbronze an. Jetzt
glänzte es wieder und ich konnte auf bessere Sicht hoffen. Diese Reparatur
kostete mich gerade mal zwanzig Franken!
Nun am Freitagabend 3. Januar verabschiedeten wir uns zur
Rückreise. Es war wieder etwas neblig, aber mit den verbesserten Scheinwerfern
ging es ganz gut. Rassig ging es voran, bis kurz vor die Österreichische
Grenze, als ein ungemütliches Geräusch beim rechten Hinterrad mir Sorgen
machte. Es wurde immer stärker, schlimmer, zuletzt ein Geräusch wie ein
«Steinbrecher». Mit 30 Km/h. erreichte ich endlich eine Werkstätte.
Samstagmorgen, neues Jahr, niemand arbeitete. Doch der
Garagist sah mich und kam nachschauen. Šuler «Schuler» hiess er, ein
Österreich-stämmiger Slovene, dessen Muttersprache zum Glück deutsch war. Er
bockte das Auto auf und entfernte das Rad. Das Kugellager war total zerstört.
Wieder dasselbe Problem: Nur Ersatzteile für «Zastava», «Škoda» und «Lada».
Nach einem Telefonat mit einem Kollegen im nahen
Österreich verschwand er und kam eine Stunde später mit dem passenden
Ersatzteil zurück. Flicken, Bremse vom Öl säubern, Hinterachsöl nachfüllen.
Nach einem Halt von zirka drei Stunden war das Auto dann fachgerecht geflickt.
Was kostet das? Die Antwort achtzig Franken! Ich, der aus der Schweiz andere
Preise gewohnt war, staunte, gab ihm einhundert Franken und wollte kein
Rückgeld. Er bedankte sich überschwänglich.
Nun ging es über Österreich, das Südtirol, den Brenner
nach Innsbruck. Jetzt wurde das Wetter schlechter, es fing an zu schneien.
Dieser Schnee wurde für den notdürftig geflickten Scheibenwischer zu viel, er
fiel ab. Sechs mal musste ich anhalten und ihn wieder montieren.
Und wieder eine Panne. In St. Anton am Arlberg war die
Tunnelzufuhr gesperrt. Eine Lawine hatte den Tunnel verschüttet! Ferner sei
eine Räumung vorläufig nicht möglich, den es drohen im Gebiet weitere Lawinen
runter zu kommen. Vermutlich werde die Zufahrt erst in einer Woche wieder frei
gegeben werden können (und so war es auch)! Was nun? Zurück nach Landeck und
hoch ins Engadin ist die Alternative! Also Übernachten.
Nur noch teure Hotels haben freie Betten, wir müssen in
den sauren Apfel beissen. Anderntags mussten wir das Auto suchen, unter einer
Schneedecke von fünfzig Zentimeter! Alles verschneit. Immerhin hat es jetzt
aufgehört mit Schneien. Ich brauche Schneeketten. Ich finde welche. Im Ferienort St.Anton jedoch drei mal so
teuer wie in der Schweiz.
Dann zurück durch verschneite Strassen nach Landeck, die
Strasse am Inn hoch ins Engadin. Zuletzt zeitweise langsam hinter einer
Schneefräse her. Links und rechts der Strasse drei Meter hohe Schneewände!
Danach das Auto auf die Bahn verladen und auf Schienen
hinunter ins Rheintal. Jetzt, aus der Schneehölle befreit wurde mir wohler.
Nach einigen Kilometern auf verschneiten Strassen konnte
ich die Schneeketten endlich entfernen und auf apern Strassen bis vor die
Haustüre fahren. Sonntag abends spät war alles überstanden. Morgen Montag muss
ich wieder auf die Baustelle, dabei war ich so kaputt, ich hätte wieder neue Ferien gebraucht!
Ich überlege: Benzinkosten, Reparaturkosten,
Strassenmaut, Übernachtungskosten, Schneeketten, Autoverladkosten. – Ich
glaube mit Zug und Bus wäre es viel, viel günstiger gekommen, nicht
eingerechnet die strapazierten Nerven.
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